28.10.2010

Fett weg!

Es fällt mir nichts ein und so greife ich zur Aktualisierung dieses Weblogs auf meinen Schatz zurück: das Archiv meiner Erzähltexte. Es befindet sich eine Ballade darunter, die sich schön an die für potentielle Leser hier bereits verwahrten Erzählungen reiht: In ihr entlädt sich wie in Vor Weihnachten und in Steuern runter! meine begrenzt zu Gefallendem fähige Fantasie in gar ungustiöser Form und unendlich miesen Reimen.

Fett weg!

Renée aß gut und nie zu knapp,
sodass ein Bäuchlein wuchs,
das träge wabbelnd, riesig schlapp
vom Bau der Knochen weit stand ab.

Renée war fett, sie war voll Speck,
und dachte sich: »der Bauch muss weg!«

Sogleich sah sie ein Titelblatt,
worauf die Kunde des Versuchs:
»Wer zuviel Fett zu tragen hat,
dem raten wir zu großer Tat,

die Fettbauch löscht, wie Bäum’ ihn fällt,
die Schmerz, doch dann viel Freude bringt:
da sie verhindert dass er schwellt,
und endlich sich nur so verhält,

wie Fels, der leicht im Winde schwingt,
wie Leder, das im Wasser gellt,
wie Taubheit, die auf Bühnen klingt,
und Ghandhi, der in Schlachten ringt.«

(Für Leser, die sich ausgeklinkt:
es sind paradoxales idées:
was nicht nur hinkt: nein auch was bringt:
Sie zeigen das, was nicht geht, klar.)

Ein Klotz, der hierzu beig'legt war,
erhöhte gleich die Lust Renées,
denn solche Goodies sind sehr rar,
und stelln den Zweck des Kaufes dar.

Ob Sternenspruch, der immer wahr,
Rezept für Ess- und Sexbaisers,
Ob Creme für Haut, ob Gel für Haar,
man zahlt mit carte und nimmt's für bar.

So lockt sie auch der Klotz, der schroff
und schwer beinahe runterfällt.
Nur dürftig hält ihn Klebestoff,
Renée greift zu und sagt, »ich hoff

er hält bis ich im Freien bin.
Der Text daneben sagt, dass ich
belasse, und erst löse ihn,
wenn draußen ich, und nicht mehr drin,

in Luft bin, des Versuchs Revier.«
Gesagt, getan, gehofft, gekauft,
getrieben von der Taillengier
geht sie hinaus, wir folgen ihr,

zum Parkplatz, wo sie halbnackt steht,
die Bluse bis zum Halse rauft
und ihrem engen Kleid entlädt
die Masse, die sich quallig bläht.

Die »Infobox« im Heft weist an,
wie richtig man den Schlankheitsgag
am Wanste zelebrieren kann,
worauf sich auch Renée besann:

Sie löst den Klotz vom Cover weg,
sie zwickt ihn in die Falte sich,
inzwischen zweier Schwarten Speck,
und spannt den Rest an Muskeln keck.

Da knallt der Klotz, da fliegt ein Dreck
aus Fett und Darm; ein Lebereck;
an Speckes statt ein großes Leck:
Erfolg gehabt – der Bauch ist weg!

24.10.2010

Man kann kein Wasser sparen. Lassen wirs fließen!

Wir hören vom Kreislauf des Wassers im Volksschul-»Sachunterricht«. Das Wasser fällt hernieder, auf Asphalt oder Erde; es verdunstet und sammelt sich in Wolken zu neuem Gusse oder es versickert und sammelt sich in unterirdischen Lagern. Von wo es aber »freilich« (würden Journalisten des Presschens besserwisserisch hinzufügen) irgendwann hervor in die Menschensphäre tritt: Als Bach, rinnend ins Meer; oder in der Form von Glas- und Plastikflaschen transportiert, uns tränkend. Sowohl aus dem Meere als auch aus unseren Körpern dunsten endlich wieder so viele Tröpfchen des Wassers empor, als zur Weiterführung des ewigen Kreislaufes nötig ist.

Wenn ich daher heute Morgen als braver Biedermann in der Krone den Text einer bezahlten Anzeige meines Lieblingssupermarktes »Hofer« lese; wohlwollend den vollbärtigen »Bio«-Manager Werner Lampert als meinen Herren und Meister identifiziere; seinen Appell vernehme, man möge »Wasser sparen«; darufhin mich der Bilder von dürren Kindern »Afrikas« entsinne; mein Gemüt sich verdüstern spüre (die Häufung des mürrischen Buchstabens »ü« zeigt es an); mich sodann frage: Wie kann ich helfen? wie kann ich meinem Herren gehorchen? wie kann ich das Kinderleide lindern? und wenn ich das Nahegelegte zu tun mir vornehme: »Wasser sparen!« –

dann hat das keinen Sinn. Es ist lächerlich. Es stimmt nicht. Man kann alleine bei der Wasserrechnung sparen. Jeder Liter Wasser, den ich nicht aus meiner Leitung lasse, staut sich in dieser; staut sich zurück; erhöht das Trinkwasserreservoir meiner Gemeinde (oder meines privaten Anbieters); verschlechtert die Qualität des Wassers (Story in brand eins) – aber es wird dieser Liter niemals das durstige arme Kindchen tränken. Das aufgesparte Wasser widerstrebt nicht seinem natürlichen, dem kürzesten Lauf; es dunstet nicht hin und fällt nicht dort ab, wo es dringend benötigt wird. Es gibt einen internationalen Abgas-Emissionenhandel, aber keinen Wasser-Nichtverbrauchshandel.

Lassen wir es fließen. Erfreuen* wir uns des Wassers, das der Zufall oder der Gott uns so gnädig bescheren.

Und für die Lösung des (sich ohnehin ent-präkarisierenden) Hungerproblems: finden wir – die klugen Naturwissenschaftler unter uns – angemessene Lösungen.





*Always water, the real thing: »Ich ziehe Orte vor, wo man überall Gelegenheit hat, aus fliessenden Brunnen zu schöpfen (Nizza, Turin, Sils); ein kleines Glas läuft mir nach wie ein Hund. In vino  v e r i t a s :  es scheint, dass ich auch hier wieder über den Begriff "Wahrheit" mit aller Welt uneins bin: – bei mir schwebt der Geist über dem  W a s s e r . . . « (Nietzsche: Ecce homo, in: ders., Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, hg. v. G. Colli u. M. Montinari, München: DTV, 1999, Bd. 6, S. 281

21.10.2010

Poetische Prosa (II)

Life sucks sometimes.
That's why we got straws.

(Im Original:
Coca-Cola Life sucks sometimes. That's why we got straws :-)
19 hours ago • 1336 comments 26093 likes • Comment • Like)

19.10.2010

Sorryisten (IV)

Christoph Grissemann will nicht verstehen, dass Désirée Nick ihren Auftritt im RTL-»Dschungelcamp« Kunst nennt, und sagt bei 3:48 in diesem Video das Zauberwort.

13.10.2010

Instantsuppe und Langeweilesuppe

Ich erweitere den Vertrieb meiner Geistesprodukte auf die Plattform soup.io, man findet mich hier. Ich kann da sehr einfach sehr schnell etwas »Sinnvolles« oder auch nicht-Sinnvolles (bei dem man dann aber fleißig nach einem Sinn sucht) erstellen. Besser gesagt: Wenn ich mich durchfallartig äußern muss – so wie andere das auf Facebook tun –, tue ich es auf soup.io. Ich habe alleine heute:

• Ein Foto von einem schönen Graffito hochgeladen.
• Eine Art tweet geschrieben.
• Einen Song hochgeladen, den ich selbst komponiert habe.
• Auf einen geilen Song der ansonsten durchschnittlichen, einfach nur japanisierten Punk spielenden japanischen Band Go!Go!7188 verlinkt.
• Ein Foto meines Kumpels flok kommentiert.
• Auf meine hiesige (Blog-)Abhandlung »chinesisches Radfahren« verlinkt.

Diese Aufspaltung hat wohl etwas mit Nietzsches Vorstellung eines Zweikammernsystems der Kultur zu tun. Man kann es auch »doppelte Buchführung über die menschlichen Geistesaktivitäten« nennen. Auf soup.io stell ich blind das mir Gefallende; hier denke ich darüber nach. Tue als ob. Z.B. über meine eigentliche Abneigung gegen Graffiti und darüber, weshalb ich diese Abneigung nicht zu einer generellen Empörung gegen dies oftmals pöbelhafte Kunsthandwerk disziplinieren kann. Auf soup.io mach ich Instantsuppe; Pulver und heißes Wasser; hier aber koche ich Leberknödelsuppe. In langwierig gebrauter Rindsbouillon. Erweiterung der Zutaten und der Zeit zur Zubereitung. Während des Kochens etwas anderes machen. Die Suppe sich entfalten lassen. Der Zutat eine Essenz entlocken, anstatt bloß einem Pulver durch Aufguss heißen Wassers zum intendierten Schicksal (nennen wir es »Themenkarriere«) verhelfen.
Das klingt alles sehr gut. Aber keine Angst, ich bin kein Angeber. Ich behaupte nicht, dass meine Rindssuppe in einem Haubenrestaurant serviert werden kann. Wird sie ja auch nicht! Darum geht es. Blogger kochen sich ihr eigenes Süppchen, gewöhnen sich daran, und es wird ihnen allmählich egal, dass es etwas Besseres geben könnte.

06.10.2010

Marschmusik macht mich geil

In Anhang zu diesem Eintrag noch ein vorwissenschaftlicher Anriss zu abgegriffenen Redensarten (»Floskeln«), wobei wir in der Literatur von Schreibarten reden müssen; und in der Musik eine Floskel eigentlich das Erhabenste ist, was es gibt.

Ich liebe dieses Phänomen: Eine Erscheinung, die sich bereits vor ihrem eigentlichen Auftritt und im Auftreten seine weitere Richtung offenbart; ich nenne es »Tauto-Phänomen«. Man findet es in Literatur und Musik. Man wird z.B. beim Durchblättern des Buches Vater Morgana keinen einzigen Satz finden, der nicht »erwartbar« sich liest, ein déjà-vu beschert, ein »déjà-lu«; man denkt: »So klangen meine geheimen Aufsätze in der Pubertät. Ich freue mich, dass ich über dieses Stadium hinweg will, und vielleicht sogar bin.«

Beispiele:
»Ich weiß natürlich, dass das total unfair ist,....« (S. 158)
»Nadja schlief neben mir. Ich sah sie an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, dann....« (S. 102)
»Wie sein Vater liebte auch er das Kino.« (S. 48)
»Ich war verzweifelt.« (S. 193)
»Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie wir diese zwei Wochen überstehen sollten.« (S. 193)
»Meine Mutter saß vor ihrem Laptop und hatte sich für eine Excel-Datei entschieden.« (S. 193)


Ich habe mich dazu entschieden, so nicht zu schreiben. Aber in der Musik ist es anders.


Hier fängt der Körper an, mitzumachen, wenn er eine »Tautophonie« wahrnimmt; die Musik ergreift ihn; die Kenntnis des Klangs, der Verlauf einer Melodie stimmt nicht ärgerlich und dünkt einem unoriginell, sondern weckt die Stimmung der Vertrautheit und löst den Ablauf eines lebensbejahenden Verhaltensmusters aus.
Bei mir sind es Märsche. Dazu kann ich dann – anstatt ausgeklügelt zu tanzen – »freilich nur« bodenständig mitwippen und verhalten mitdirigieren.
Aber welch eine Glücksepiphanie, und welche Tautophonie in meinem Kopf! Die Abfolge der Noten erblüht wie Tulpen auf einem LSD-Trip; ich fühle mich wie der »perfekte Zuhörer«; eigentlich ist erst die Benutzeroberfläche meines Gehirns der »Klangkörper«.
Wenn ich mich in die Liste der Menschen eintragen darf, denen Melodien und Harmonien ein Anlaufen von Tränen in die Augen zaubern können, werde ich als Auslöser einige Märsche angeben, die ich bei uns in Zembla* auf After-Church-Partys hören durfte; d.h. wenn der Musikverein nach einem liturgischen Hochamt den Kirchplatz bespielte, wo wirkliches Brot und echter Wein eingenommen wurden.
YouTube hat dazu noch kein würdiges Video. Man lese am besten Ludwig Tiecks Runenberg, die Beschreibung eines Dorfsonntages kann den empfindsamen Leser vielleicht in eine zu meinem Musikerleben analoge Glücksstimmung versetzen.


(Gesang zum Marsch finde ich übrigens nicht so gut. Verhaut die Stimmung und lässt prosaische und sokratische Gedanken einziehen. Manch einer wird z.B. über nationalistische Aspekte der Marschlyrics grübeln, anstatt seinen Körper hinzugeben. – Aber das ist vorerst nur ein gewollter Theorieanschluss zur Tango-Betrachtung Hans Ulrich Gumbrechts in seinem Epiphanien-Essay; ich muss das überprüfen, hoffentlich komme ich bald wieder auf ein recht »bauernschädeliges« Volks- oder Kirchenfest!)


Anmerkung:
*Ein Codewort für »Kindheit« und »Heimat« jeglichen daran mit Wehmut denkenden und diese gegen den Gedanken totalen Verlusts in einem Text heraufbeschwörenden Autors. Hat Vladimir Nabokov in Pale Fire erfunden.

Ich bin ein Loser

»Die Welt ist tatsächlich voller schlechter Autoren«, schlussfolgern die Veranstalter des Wettbewerbs der schlechtesten Geschichte der Welt, nachdem sie Suche und Auswahl »jämmerlicher Prosabrocken« abgeschlossen und zehn »hoffnungslose Nachwuchsautoren« in ein Finale nominiert haben. Ich bin leider nicht dabei. Mein Beitrag war eben doch irgendwie gut, obwohl abstruse Handlung und Einsatz abgegriffener Redensarten an strategisch wichtigen Stellen (mit Kennzeichnung) grottenschlechte und »das Grottenschlechte« reflektierende Unterhaltung bieten.

04.10.2010

Piazza San Marco

Bart Brands im Album des Standard: »Auf dem Markusplatz in Venedig wurden vor einiger Zeit alle Parkbänke entfernt. Wer sich heute hier hinsetzen will, muss dafür in Form eines Cappuccinos teuer bezahlen.« [2.X.2010, S. A4]

Nietzsche in Zur Genealogie der Moral (1887): »Eine willkürliche Obskurität vielleicht; ein Aus-dem-Wege-Gehn vor sich selber; eine Scheu vor Lärm, Verehrung, Zeitung, Einfluss; ein kleines Amt, ein Alltag, Etwas, das mehr verbirgt als ans Licht stellt; ein Umgang gelegentlich mit harmlosem heitren Gethier und Geflügel, dessen Anblick erholt; ein Gebirge zur Gesellschaft, aber kein todtes, eins mit  A u g e n  (das heisst mit Seen); unter Umständen selbst ein Zimmer in einem vollen Allerwelts-Gasthof, wo man sicher ist, verwechselt zu werden, und ungestraft mit Jedermann reden kann, – das ist hier Wüste“: oh sie ist einsam genug, glaubt es mir! Wenn Heraklit sich in die Freihöfe und Säulengänge des ungeheuren Artemis-Tempels zurückzog, so war diese Wüste würdiger, ich gebe es zu: weshalb  f e h l e n  uns solche Tempel? (– sie fehlen uns vielleicht  n i c h t :  eben gedenke ich meines schönsten Studirzimmers, der Piazza di San Marco, Frühling vorausgesetzt, insgleichen Vormittag, die Zeit zwischen 10 und 12.)« [Kritische Studienausgabe, Band 5, München: DTV, 1999, S. 353]

Johann Caspar Goethe in seinem italienischen Reisebuch: »Der Markusplatz wird von der Kirche S. Geminiano und zwei Palästen begrenzt, welche die Alte und die Neue Prokuratie heißen. Unter deren Arkaden befinden sich Läden, in denen Kaffee und andere Getränke ausgeschenkt werden, so daß dieser Platz ein Zufluchtsort ist, wo man mancherlei Bedürfnis befriedigen kann.«
[Reise durch Italien im Jahre 1740, München: DTV, 1999, S. 26]

Demnach lesen wir in Vater Goethes (eher informativen als impressiven) Reisejournal, dass der Konsumwahn anno 1740 hübsch am Rand des Platzes »contained« wurde. Wir wissen aus der Lebenserfahrung, dass heute auch eine wesentliche Fläche des offenen Platzes von privately held coffeetables eingenommen wird. Wir sind zornig, dass Kaffeekonsum keine frei zu wählende Bedürfnisbefriedigung mehr ist, der man gerne nachgeht, sondern eine aufgedrängte Abzocke. Wir geben Bart Brands recht und sehnen uns nach den alten Zeiten!*


*Und pfeifen auf Professor Friedrich Schiller: Er sagt in seiner Antrittsvorlesung, die Universalgeschichte heile ihren ernsthaften Studenten »von der kindischen Sehnsucht nach vergangenen Zeiten«.

02.10.2010

Häupl passt mir nicht

Den Kopf dieses Eintrages wird einstmals, kurz vor der Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl am 10. X. 2010, ein Foto zieren, auf dem ich, Autor dieses Blogs, auf der Friedensbrücke zu sehen bin; ein attraktiver 24-jähriger Blonder mit blaugrün glücklich funkelnden Augen; ein rotes, übergroßes T-Shirt tragend; mit übergroß meine ich Michael-Häupl-sized, XXXXL; und mit Friedensbrücke meine ich die renovierte Friedensbrücke, auf deren Südstirn ein neues, hohes, hässliches Geländer montiert wurde und auf deren Nordkante sogar ein noch höheres, hässlicheres Geländer prangt; – und auf dem T-Shirt wird stehen, in weiß, der Schriftzug: HÄUPL PASST MIR NICHT!

Warum dieser Protest?
Häupl passt mir nämlich nicht nicht. Häupl »an sich« passt mir – ich mag ihn als blaaadn, gscheadn Weintrinker, der zwei Mal den Mann ohne Eigenschaften gelesen hat.*
Mir passt nicht, dass bislang keine Partei und kein Mensch dieses oben beschriebene Leiberl produziert hat, obwohl es ja irgendwie aufgelegt ist.
Die ÖVP, solche Unoriginalos! – Bewerben den Häupl mit dem schönsten Foto ever taken of him (darüber gibt es schon einen Diskurs, z.B. Jeannée) und sagen »frischer Wind«, aber das sagen sie nur. Sie blasen ihm keinen.

Und so muss man selber auf das politische Feld gehen. Ich werde es tun.
Denn irgendwie passt mir Häupl eh nicht. Was auch der Hintergrund des Fotos ist. Das neue Geländer der Friedensbrücke ist eine lächerliche Kreation. In diesem Video ein Vorgeschmack auf das Südgeländer; auf dem zukünftigen Foto dann der blonde Blogger im roten Protestdress vor dem horriblen Nordgeländer. Diesen Umbau hätte die Politik verhindern müssen.
Der Bürgermeister hätte mit seinen Häuplfingern den Stadtbau-Verantwortlichen eine Watsche geben müssen (nicht erschrecken, Leser; denn in Sitzungen sind Politiker wie Häupl und Pröll nun einmal brutal und ihr Umfeld ist ihre Watschen gewohnt) und sagen müssen: »Des moch ma ned, med so an Schas va-ärgerst** nua de Leid!« Er hat es nicht getan. Daher passt er mir nicht.

Aber nichts für ungut, Michl – ich kann Sie eh nicht nichtwählen, Wien ist mein Zweitwohnsitz.

* Das mit dem Mann ohne Eigenschaften ist so eine Sache. Ich glaube, Häupl hat ihn nur einmal gelesen, aber damit man ihm das glaube, sagt er, er habe es zwei Mal getan.
Eine andere Möglichkeit, die Bewältigung dieses Buches zu beweisen, ohne gleich Mehrfachlektüre (oder es als »Hobby«) anzugeben, ist übrigens: in jungen Jahren lesen und staatlich beglaubigt darüber reden, z.B. bei der Matura. Hat ein Studienkollege von mir gemacht.

** Eine Anmerkung für Dialektforschungsamateure. Ein älterer Wiener hätte gesagt: »varrärgerst«. Dieses schöne Binde-rr ist aber passé, man hört es nur noch in Wohnungen mit ranzigen Tapeten und im Film Muttertag (als ins Nichts führendes, pseudo-Binde-rr: »Au Wehh, meine Kniarr!«).

Neokonservative sind Sofasamurais

Ist zwar bei uns in Europa out, über Neokonservative zu sprechen (man empört sich gerade über Aktion Teaparty), aber ich hab erst jetzt serendipitöslich diese Kolumne gelesen: Taki nennt im Spectator vom 5. März 2005 Neokonservative »sofa samurais« (»talk big but demand that others do the fighting for them«). Lustig! Und schön, sich bei der Lebenserfahrung zu beobachten: Da verfolgt man Medienberichte über eine Gruppe von Politikern, die einen Krieg anfangen und, will man Typen wie Naomi Wolf glauben, die USA an den Rand des Faschismus bringen; – dann kommt der berühmte Pendelschwung – die USA »heilen sich selbst«; der Pendler ist ein liberaler Präsident, ein Schwarzer, namens Obama; er schwingt an den Rand des Kommunismus (will man den Teapartyisten glauben) – – und längst vergessen sind die alten Neocons (»Falken«). Zu diesen entdeckt man dann noch ein verächtliches Epithet, das man während ihrer Machtblüte irgendwie aufzuschnappen verpasst hat – »sofa samurais« – – und, endlich, hat man ein Wort für das Etikett, das man auf seine History-Schublade geklebt und rastlos in seiner Blankheit betrachtet und provisorisch (mit Bleistift!) »Bush I, 2001-2004« und »Bush II, 2005-2008« betitelt hatte. (Oder zeitgemäßer: Desktopordner statt »History-Schublade«.)
Btfw (by the fucking way), Taki lesen lohnt sich immer wieder. Er schreibt eine Kolumne für »Europas beste Wochenzeitschrift« (Karl Heinz Bohrer) Spectator und macht sein eigenes Magazin.
(»Web-Magazin« oder »webzine« I should say; wir trauen uns noch nicht, die alleine im Internet, nicht auf Papier erscheinenden Medienprodukte mit den ehrwürdigen Namen des Gewohnten zu bezeichnen.)
Zum Wortstamm »serendipit-«, there's an upcoming Beitrag hier: Denn ein sehr ernster deutscher Blogger bildet sich ein, er habe das Wort in den deutschen Sprachraum importiert und ein Patent auf seine Benutzung – wird eine köstliche Geschichte.