12.10.2013

Die Verbergung der Pflastersteine

Verbildlichungen der zukünftigen Mariahilferstraße wurden veröffentlicht. Den Kommentierern des Presschens zischt die gehörige Portion Zornschaum aus dem Mund. Manche empören sich, schwer zu sagen ob im Ernst oder als Spitze gegen die Grünen gemeint, über die ins Bild gesetzten bzw. schändlicherweise nicht gesetzten Leute.
Die Politik bietet dem Volk eine Vision der Zukunft, um den Anschein zu erhalten, diese sei von den Bürgern mitgestaltbar. Einmal vorgestellt, wird die Vision als Scheibe benutzt, auf die alles geworfen werden kann (und zwar Dartpfeil-, nicht Diaprojektor-mäßig), was man den Politikern immer schon sagen wollte.
Die zu bestreitende Frage, ob die Mariahilferstraße gepflastert werden soll, bleibt unbestritten. Da das spitzfindige Volk zeigen muss, dass schlecht gephotoshoppt wurde (die simulierten Fußgängerinnen »schweben«), und wie toll es die Bedeutung des Fehlens von Menschenschatten auslegen kann.

Wichtiger als Trampoline, Soziologie und Utopienästhetik:

Pflastersteine legen oder nicht?
Die wagemutigen Skateboarder von New York, wie sie neulich in der dortigen Zeitung beschrieben standen, kämen auf ihnen gut zurecht, es handelt sich um flache, glatte Kunststeine.
Sie dürften tatsächlich bremsend auf Autofahrer wirken. In der Mariahilferstraße wäre das unnötig, da es hier schon bisher nur langsam voranging. Pflastersteine würden bloß zur Kennzeichnung der Mariahilferstraße als jene lässige Zone beitragen. Erst mit den Pflastersteinen würde Stadträtin Vassilakou einen auch für die Belämmerten unübersehbaren Stadtbau-Akzent setzen.
Ich persönlich will keine, weil sie mir vorkommen wie ein Provinzhauptplatz und wie ein Spießergarten und weil ich die unermüdlichen Betonplatten Hongkongs schätze.

Sollen neue Sitzbänke mit Rückenlehnen ausgestattet sein?
Rückenlehnen fehlen in der Vision fast gänzlich. Die, die es gibt, sind kantig und dienen zugleich als zweite, höhere Sitzebene. Müsste testsitzen können.
Die meisten projektierten Sitzbänke jedenfalls haben keine Rückenlehnen. Sie wären auszuhalten, hätten vielleicht sogar ergonomisch-volkswirtschaftliche gute Auswirkungen, es gibt vielleicht Leute, die keine Rückenlehnen benötigen. Ich vermute weiterhin eine Designkrise und bevorzuge angenehme Sitzbänke.

Soll die alte Mariahilferstraße wiederhergestellt werden?
In dieser Petition wird diese Forderung erhoben. Ich hatte überlegt, zu unterschreiben, finde sie aber reaktionär, besserwisserisch und gesättigt-bourgeois-dekadent.