Eine Sammlung der menschlichen Erfahrung des Erstellens von Texten.
Walt Mossberg tippt mit einem Finger.
Mo Yan schrieb seinen letzten Roman mit der Hand.
30.3.2013
Ernst-Wilhelm Händler diktiert. (Und hat finde ich Augen und Mundwinkel Goethes).
Der Bleistift schreibt für Peter Handke.
31.01.2013
Tippen, diktieren, wischen
Es gibt das Handy nicht nur zum Eintragen von Kontaktdaten, Terminen und zum Aufrufen einer Adresse. Das Handy als Wegbegleiter muss zwangsläufig auch zum Notieren von belanglosen Texten verwendet werden: Handys müssen auch für den Schriftsteller handy sein.
Und weil der Schriftsteller beizeiten Texte zu erstellen hat, die er nicht aussprechen - also zum Beispiel, wie Goethe es tun würde, der Assistentin Siri von Apple diktieren - möchte, muss er diese Texte auch schreiben können, im altmodischen Sinne einer händischen Eingabe, und dabei schweigend.
Der Schriftsteller geht durchaus mit der Zeit, er kann geschwind Texte herbeiwischen - die "swype"-Technologie von Samsung ist die erste den Ansprüchen des Schriftstellers genügende. (Abgesehen von den verrückten japanischen Teenagerinnen, die in den 1990ern mit ihren in der Ubahn getippten Handy-Romanen Aufsehen erregten.) Durch dieses Wischen entsteht auch das Gefühl eines fließenden Schreibprozesses, erinnert an Schreiben in Schreibschrift.
Mit dem iPhone von Apple wird der Schriftsteller sich nicht anfreunden. Die swype-Apps fürs iPhone sind extra hochzufahren und aus ihnen ist Text zu exportieren, zu kompliziert.
Siri ist wie gesagt laut anzusprechen, aber man ist nicht immer in seinem Schreibzimmer und kann ein säuisches Gedicht drauflosdiktieren (ich möchte wissen, ob Goethe obszöne Gedichte ebenfalls dem Schreiber John und anderen Schreibern diktierte oder diese selbst aufschrieb).
Oder diese Notiz, die ich mir voriges Jahr während einer Busfahrt in China machte:
"Das schlimmste Geräusch: ein chinesischer Mann beim Gähnen."
hätte, wenn er mich beim Diktieren verstanden hätte, den chinesischen Sitznachbarn verletzt, da er es ja ganz natürlich findet, wie er laut und lange und stimmhaft gähnt; aber zumindest hätte ich mich für das Diktieren geniert, weil es ja auf Deutsch geschehen wäre und mein Umfeld nicht deutschsprachig war; und auf jeden Fall würde ich so eine Notiz auch in deutschsprachigem Umfeld nicht von anderen hörbar aussprechen - da ich mich, vor allem, ja nicht als Notizen Nehmender zu erkennen geben möchte.
Das händische Schreiben auf dem iPhone funktioniert einfach nicht gut, die Tasten sind zu klein, die Worterkennung schlecht bzw. schlecht zu handeln.
Diese Art von Schrifsteller, der auf das händische Schreiben beharrt, mag vielleicht in Zukunft die Entsprechung zu jenem Schriftsteller sein, der heutzutage auf Schreibmaschinen einhackt. Aber: dieser Schriftsteller wird auf jeden Fall: sein.
Und weil der Schriftsteller beizeiten Texte zu erstellen hat, die er nicht aussprechen - also zum Beispiel, wie Goethe es tun würde, der Assistentin Siri von Apple diktieren - möchte, muss er diese Texte auch schreiben können, im altmodischen Sinne einer händischen Eingabe, und dabei schweigend.
Der Schriftsteller geht durchaus mit der Zeit, er kann geschwind Texte herbeiwischen - die "swype"-Technologie von Samsung ist die erste den Ansprüchen des Schriftstellers genügende. (Abgesehen von den verrückten japanischen Teenagerinnen, die in den 1990ern mit ihren in der Ubahn getippten Handy-Romanen Aufsehen erregten.) Durch dieses Wischen entsteht auch das Gefühl eines fließenden Schreibprozesses, erinnert an Schreiben in Schreibschrift.
Mit dem iPhone von Apple wird der Schriftsteller sich nicht anfreunden. Die swype-Apps fürs iPhone sind extra hochzufahren und aus ihnen ist Text zu exportieren, zu kompliziert.
Siri ist wie gesagt laut anzusprechen, aber man ist nicht immer in seinem Schreibzimmer und kann ein säuisches Gedicht drauflosdiktieren (ich möchte wissen, ob Goethe obszöne Gedichte ebenfalls dem Schreiber John und anderen Schreibern diktierte oder diese selbst aufschrieb).
Oder diese Notiz, die ich mir voriges Jahr während einer Busfahrt in China machte:
"Das schlimmste Geräusch: ein chinesischer Mann beim Gähnen."
hätte, wenn er mich beim Diktieren verstanden hätte, den chinesischen Sitznachbarn verletzt, da er es ja ganz natürlich findet, wie er laut und lange und stimmhaft gähnt; aber zumindest hätte ich mich für das Diktieren geniert, weil es ja auf Deutsch geschehen wäre und mein Umfeld nicht deutschsprachig war; und auf jeden Fall würde ich so eine Notiz auch in deutschsprachigem Umfeld nicht von anderen hörbar aussprechen - da ich mich, vor allem, ja nicht als Notizen Nehmender zu erkennen geben möchte.
Das händische Schreiben auf dem iPhone funktioniert einfach nicht gut, die Tasten sind zu klein, die Worterkennung schlecht bzw. schlecht zu handeln.
Diese Art von Schrifsteller, der auf das händische Schreiben beharrt, mag vielleicht in Zukunft die Entsprechung zu jenem Schriftsteller sein, der heutzutage auf Schreibmaschinen einhackt. Aber: dieser Schriftsteller wird auf jeden Fall: sein.
28.01.2013
Gedichte ins Blut aufnehmen
Beschreibung des Verhaltens eines Gedichtes, das durch Auswendiglernen in den Körper des Lernenden übergehe; schnell auf den Schirm des Smartphones geholte Gedichte erreichen den Körper nicht. Verteidigung des Auswendiglernens, interessant ehrenwert und liebenswürdig.
Weiterdenken und dagegenhalten: das Smartphone ist schon Teil des Körpers.
[Zweite Anknüpfung: "Memorized poems are a sort of larder, laid up against the hungers of an extended period of solitude. But today we are far less solitary than we were even a few years ago."
Zuerst meint er wohl Einsamkeit, dann Alleinesein. Dem ersten Satz stimme ich zu. Den zweiten Satz kann man streng Heideggerisch nur im Sinne von Alleinesein deuten: alleine kann man immer sein und überall, auch umzingelt und bespritzt von, nennen wir es: Kommunikationen bzw. Antextungen (ein Sammelbegriff für die Ansprachen durch Mitmenschen, SMS, E-Mails, Tweets, Newsletter etc.)]
[Dritte Anknüpfung. Zeitalter des körperlosen Denkens, des Weltsilikonhirns: Gumbrecht.]
[Vierte Anknüpfung: Karl Heinz Bohrer schimpft über einige weinerliche Soldaten, denen in iranischer Gefangenschaft die iPods weggenommen wurden. In that case you had better put that poem in your body's brain larder and not your iPod's.]
[Fünfte Anknüpfung. Mit diesem Sprachgebrauch wird fürs Hirn ein Retronym erforderlich.]
Weiterdenken und dagegenhalten: das Smartphone ist schon Teil des Körpers.
[Zweite Anknüpfung: "Memorized poems are a sort of larder, laid up against the hungers of an extended period of solitude. But today we are far less solitary than we were even a few years ago."
Zuerst meint er wohl Einsamkeit, dann Alleinesein. Dem ersten Satz stimme ich zu. Den zweiten Satz kann man streng Heideggerisch nur im Sinne von Alleinesein deuten: alleine kann man immer sein und überall, auch umzingelt und bespritzt von, nennen wir es: Kommunikationen bzw. Antextungen (ein Sammelbegriff für die Ansprachen durch Mitmenschen, SMS, E-Mails, Tweets, Newsletter etc.)]
[Dritte Anknüpfung. Zeitalter des körperlosen Denkens, des Weltsilikonhirns: Gumbrecht.]
[Vierte Anknüpfung: Karl Heinz Bohrer schimpft über einige weinerliche Soldaten, denen in iranischer Gefangenschaft die iPods weggenommen wurden. In that case you had better put that poem in your body's brain larder and not your iPod's.]
[Fünfte Anknüpfung. Mit diesem Sprachgebrauch wird fürs Hirn ein Retronym erforderlich.]
22.01.2013
Das Strg-te Sein
Momente, in denen ein in der Computerarbeit angewöhntes Verhalten in computerloser Umgebung sich Bahn bricht, zum Beispiel:
Man stellt eine Kaffeetasse auf die Küchenablage, obwohl man sie auf den Tisch stellen wollte, und möchte auf "Strg Z" für "rückgängig machen" drücken.
Peinlich so etwas niederzuschreiben, aber es muss niedergeschrieben werden, es geistert immer durch den Kopf, seit Jahren, ich habe es meinem Vorgesetzten anvertraut, denn als small talk getarnt ist dieses ernste Thema gar nicht peinlich, , , , es geistert immer durch den Kopf, , , , wann kommen endlich die Lesegeräte, die die nicht-zielgerichteten, normalen Gedanken lesen und ein Backup erstellen? Schneller, Siri,
Man stellt eine Kaffeetasse auf die Küchenablage, obwohl man sie auf den Tisch stellen wollte, und möchte auf "Strg Z" für "rückgängig machen" drücken.
Peinlich so etwas niederzuschreiben, aber es muss niedergeschrieben werden, es geistert immer durch den Kopf, seit Jahren, ich habe es meinem Vorgesetzten anvertraut, denn als small talk getarnt ist dieses ernste Thema gar nicht peinlich, , , , es geistert immer durch den Kopf, , , , wann kommen endlich die Lesegeräte, die die nicht-zielgerichteten, normalen Gedanken lesen und ein Backup erstellen? Schneller, Siri,
17.01.2013
Hände trocknen ohne Furcht
In China ist man nicht arm an Begegnungen mit benutzerunfreundlichen Produkten, vom Jogurtbecher-Aludeckel der sich nie rissfrei öffnen lässt über den Fön dessen Kabel bei jeder kleinen Bewegung aus der Steckdose fällt bis zum Kleiderschrank neben der Wohnungstüre der zu schmal für einen konventionellen Kleiderbügel ist.
Jedes Mal, wenn ich einem benutzerfreundlichen Produkt begegne, kommt übermäßige Freude in mir auf, z.B. in einigen KFCs und in einem Huarunwanjia-Hypermarkt, wo ich diese japanischen Handtrockner gefunden habe, die meiner Meinung nach viel einfacher, angenehmer und bequemer zu bedienen sind als die wasserspeienden Kraftprotze von Dyson.
In Europa muss es die Panasonics auch geben, weiß aber nicht. Die Vertikalkonstruktion der Dyson-Geräte bereitet mir jedenfalls immer ein mulmiges Gefühl, es ist mir als stecke ich die Finger in einen Höllenschlund, und dann ist durch die relativ enge Öffnung und die nicht perfekte Organisation der Luftwirbel jedes Mal unvermeidbar, mit Wasser in Berührung zu kommen, Wasser, das von der Hand des vorherigen Benutzers stammt und daher potentiell Ekel erregt.
Man wirds überleben, aber ich halte diese Marke eben nur für einen tollpatschigen Kraftprotz, und nicht einen supertollen.
10.01.2013
Sonnenbaozerl
Heute scheint die Sonne und schon leuchten die gerösteten Fleischtäschchen, die man Baozi nennt und daher landläufig korrekt als -täschchen übersetzt daherkommen, besser gefällt mir aber die süddeutsche Variante der Verniedlichung, "Tascherl", mit der man überhaupt eine Eindeutschung des chinesischen Wortes wagen kann: anstelle des Verniedlichungsteilchens "zi" 子 setze man "erl" und schon isst man gute Baozerl.
update. Es sind Shengjianbao, 生煎包, vorne stehen schon zwei Silben, deswegen wird hinten kein 子 mehr angehängt; alles oben Erdachte gilt nicht mehr.
update. Es sind Shengjianbao, 生煎包, vorne stehen schon zwei Silben, deswegen wird hinten kein 子 mehr angehängt; alles oben Erdachte gilt nicht mehr.
07.01.2013
03.01.2013
Einbildung einer Spur
Es ist hart, in zwei Ländern zu leben. Es gibt Trennungsschmerze, Daseinsschmerz und Nichtdaseinsschmerz. Selten geschieht dieser glückliche Moment: das Hirn schließt die beiden Welten zusammen, legt eine Spur von der einen in die andere: ich sitze in W. und denke flüchtig: "Am Nachmittag fahre ich mit dem Auto nach 镇江 und morgen wieder zurück": so wie ich an einen möglichen kurzen Ausflug zu einer Tante oder Großi denke: und kurz ist mir so, als wäre es möglich.
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