Bei meinen sporadischen Messbesuchen, zu Weihnachten, Ostern, in bezahlten Totenandenkmessen der Verwandtschaft, muss ich sehen, dass es in der Kirche von Leuten mit schlechtem Geschmack wimmelt.
Da erscheint der Sport- und Religionslehrer eines Gymnasiums jahrelang in einer Trainingsjacke, auf der Trainingsjacke leuchten drei weiße Streifen, wir erfahren welchem Fußballverein er angehört und welcher Möbeltischler und Gastwirt diesen sponsern. Der Mann darf bei der Kommunion Hostien ausgeben, mit ernstem Gesicht legt er einem die Christusscheibe auf die Handfläche, powered by adidas.
Auch unter den Alten finden sich welche in Funktionsjacken aus Mikrofasern, von »Jack Wolfskin« oder »Northland«, sie sind rot gelb oder grün und sie sind wasserabweisend.
Jetzt gehe ich mit dem Hund spazieren, ich hüte das Haus meines Hund besitzenden Vaters, ich hoffe, dass der Teufel aus dem Beagle steigt und mir anbietet, einem ernsten, dunkeln, höchstens österlich-violetten Gottesdienst beizuwohnen.
Heute am Palmsonntag begnügte ich mich mit der Fernsehübertragung aus Rom, der Papst wies darauf hin, dass der Mob heute Jesum stürmisch empfängt und in ein paar Tagen von Pilatus den Tod für ihn fordert. Ich aß Vollkornbrot und Semmeln mit Meersalzbutter und konnte mich der Frommheitssehnsucht nicht erwehren, die mich sporadisch ergreift (nicht nur an hohen Feiertagen), ich wollte unschuldig sein, weinen, an meine geliebten Großmütter denken, und das Singen eines Liedes sollte die Unschuld die Tränen und die Großmütter in Einem mir ins Gemüt treten lassen.
Die Kirchenmusik ist das mächtigste Mittel der von Nietzsche beschriebenen systematischen Zerweichlichung des Volkes.
Mir kam die Melodie von »Fest soll mein Taufbund immer stehen«, ein Gassenhauer, ich war traurig, dass ich in keiner Kirche mich aufhielt, wo ich mein Sehnen dem Gesangschwall der Kirchgänger beimengen konnte, der sich mit Weihrauch in die Höhe ergießt, so wie es bei Christian Kracht von oben nach unten schneit (in diesem Buch). Dank Christian Kracht schreibe ich in letzter Zeit mit diesen Flaubertschen, bloß von Beistrichen getrennten Hauptsätzen.
Ich ging auf YouTube und landete
bei diesem Video. Der Organist trägt eine schwarz-grüne Windjacke.
Jetzt gehe ich mit dem Hund spazieren, ich hüte das Haus meines Hund besitzenden Vaters, ich hoffe, dass der Teufel aus dem Beagle steigt und mir anbietet, einem ernsten, dunkeln, höchstens österlich-violetten Gottesdienst beizuwohnen.