15.11.2014

Was Heiteres

Neulich hat meine Freundin wieder einmal Urintropfen auf dem Klositz hinterlassen. Ich weiß, das klingt widerlich, ist aber einem simplen Kulturclash geschuldet: ich gehorsamer, vorfairer Sohn seiner alleinerziehenden Mutter bin Klositzer, sogar bei alleinigem Brunzen. Sie Chinesin ist in einem Haushalt mit Bodenklo aufgewachsen und verfügt nicht bloß über das nötige Stehvermögen, sondern geradezu über den Zwang, aus der Luft zu urinieren, unassistiert.
Viele Wochen lang scheint sie sich meiner Dekadenz angepasst zu haben, der Sitz bleibt trocken. Immer wieder einmal der Rückfall – und je nach Tagesverfassung schimpfe ich, necke ich sie, oder mach auf Schwamm drüber und wische das bisschen Brunze weg ohne Aufhebens.
Gestern abend hat sie es wieder getan, kurz bevor sie mit einer Freundin bummeln ging, und ich nutzte mein Alleinsein, um mir diesmal etwas Primetimemäßiges als Reaktion einfallen zu lassen. Zuerst pisste ich zu ihrer Pisse reichlich dazu. Der Klositz sah nun statt wie ein etwas bespritzter Klositz aus wie die wässrige Oberfläche abgestandenen Vanillejogurts.
Dann gehe ich im Wörterbuch nachsehen wie man »Ignoranz« und das englische »disrespectful« auf Chinesisch schreibt – wir leben in »smarten«, schlechten Zeiten für das Memorieren von Schriftzeichen – und schreibe mit meinem Waterman-Füller auf ein Zetterl:

»Um dich deine eigene Ignoranz und Respektlosigkeit erfahren zu lassen, brunzte ich auf den Klositz. Bitte setz dich doch!«

Mit dem Zettelchen in der Hand begutachtete ich das Badezimmer. Diese Frau durfte beim nächsten Betreten des Klos weder das gelbe Relief auf dem Klositz sehen, noch das Zettelchen, bevor sie nicht ihre seidegeschmeidigen Schenkel in meine Pisse getaucht hatte. Nach Ausprobieren aller Parameter stellte sich als bester Versuchsaufbau der folgende heraus:
Licht und Lüftung an, Zettel deckungsgleich auf das nächstherabhängende Blatt Klopapier drapiert (90° zum Eingang), und die Tür, wir sind hier in China, mit einer lässigen Schiebetür zum Badezimmer, aufgezogen, volle Offensive, keine Versteckspielstimmung aufkommen lassen.

Ausgangsvarianten.
1) Sie kommt später als erwartet nach Hause und just zu dem Zeitpunkt, wo ich schon wieder aufs Klo muss. So ist die ganze Situation unlustig. Ich muss unschuldig weit weg sein.
2) Sie uriniert an dem Abend gar nicht mehr. Die Nacht und der Schlaf nehmen dem Scherz die Schärfe. Aber die Schärfe des Urins auf dem Sitz nimmt zu. In der Früh riecht sie schon von weitem den Braten.
3) Sie kommt heim und geht sofort pissen, sie pisst wieder aus der Höhe und bemerkt nichts – ich muss ihr den Scherz erklären.
4) Sie kommt und geht zuerst duschen. Der Duschstrahl der immer wieder den Weg aus der bei ihr oftmals offenstehenden Duschkabine ins Badezimmer macht wäscht den Urin vom Klositz. Der ganze Schmäh rinnt davon. Ich muss ihr von ihm erzählen. Das Zetterl als einsames Indiz.
5) Sie kommt und sieht. Das Zetterl. Den Klositz. Der alte Ruf. »Ke Ruixiang, wie kannst du dermaßen verrucht sein!!« Pission Impossible. à unlustig.
6) Sie kommt. Setzt sich! Sitzt in der Pisse! Warte! Warte!! Liest das Zettelchen!