04.03.2014

Das Trotteltriptychon

Dem Blinden das Selfie, dem Einäugigen das Trotteltriptychon.

Wer schon keine Selfies mehr sehen bzw. machen kann, dem empfehle ich auf das kompliziertere Verfahren des Smartphonetriptychons umzusteigen. Hierbei beobachtest du eine Szene der Wirklichkeit (oder wie das heißen mag, wenn man mit erhobener Hand, das Handy darin, aufnahmebereit, die Augen auf den Bildschirm, durch die Welt geht), zum Beispiel das Betreten des Restaurants, das du für heute Abend ausgesucht hat, oder der Sehenswürdigkeit, oder das Flugtickets in der anderen Hand, und drückst drei Mal ab – in möglichst kurzer Reihenfolge; so fotografierst du deine Zeitgenossen, wie sie es sich in dem Raume gemütlich machen und auf ihre Bildschirme gaffen, oder wie die Hand mit dem Flugticket sich um einen halben Grat nach rechts neigt und so eine faszinierende minimale Änderung der Lichtreflexion auf dem Ticketpapier erzeugt, die einer quantenmechanischen Untersuchung würdig ist.
Dann darf möglichst wenig Zeit vergehen, bevor du das Triptychon in die Wolke zu deinen anderen Zeitgenossen hochschickst.
Hast du üppig Geld, kannst du auch Damian Loeb beauftragen, von deinen drei Bildern realistische Gemälde anzufertigen, die du dann rahmen und die Rahmen mit Scharnieren verbinden kannst, à la klassisch Triptychon.
Dann klappst du die drei Bilder jeweils in einem Winkel von 120° zueinander. Die Bilder nach innen, den Hintergrund nach außen. Den aufgestellten geschlossenen Dreieckskörper mit dem uneinsehbaren Inhalt betitel »Trotteltriptychon« und verkauf einem Kunstinvestor.