31.12.2013

Der Architekt des Dönerparks

Erfuhr, dass der Architekt des Dönerparks im niederösterreichischen Neunkirchen kein Türke, sondern ein Österreicher ist, der ein Gutteil seiner Zeit im warmen Südafrika verbringt, was der passable Wohlstand ihm ermöglicht, den er sich mit seinen pragmatischen Bauten erworben hat. Privat beneidenswert, öffentlich ein Ärgernis: die Gebietseliten Österreichs zeichnen für allerlei städtebauliches Mittelmaß verantwortlich, müssen sich aber nicht verantworten, da das Publikum ästhetisch gleichgültig ist und sie selber einander bloß in ihren privaten Domizilen Geschmack zu zeigen haben.

30.12.2013

Zeitgeber

Im Englischen das Lehnwort zeitgeber zu verwenden ist unnötig, da es ganz einfach als timegiver übersetz- und im Sprechen anwendbar wäre. Dass dennoch zeitgeber sich durchgesetzt hat, könnte diese Gründe haben: die wissenschaftliche Gemeinschaft wollte dem deutschen Chronobiologen, der das Wort geschöpft hat, Tribut zollen; timegiver klang englischsprachigen Forschern suspekt; die weltweite Forschungsgemeinschaft spricht gerne vom selben, wenn es Phänomene bespricht, und in diesem Fall konnte dies nur durch Besprechung eines und desselben Wortes gewährleistet sein: zeitgeber.
In der allgemeinen Menschenkultur wäre das Wort Zeitgeber auch verwendbar. Die Deutsche, die neulich in der New York Times das Wort »Zeitgenosse« in die englische Wortschatztruhe hineingeben wollte, könnte sich darüber Gedanken machen. In der Chronobiologie ist ein »zeitgeber« ein Signal aus der Umwelt, das die biologische Uhr des menschlichen Bewusstseins auf seine Umwelt abstimmt; Licht, Geräusche, Düfte (Morgenkaffee z.B.)

23.12.2013

In der früh

Im bahnhof ternitz alte leute die die geschenkten zeitungen lesen (österreich, heute), zeitung lesende leute ungewohnter anblick, von wo ich gerade herkomme das bild der pensionierten und der portiere mit zeitungen im kopf, naja kommt hin.

01.12.2013

Wunsch zum ersten Adventsonntag

Das andauernde Interesse an deutschen Komposita. Dass eine Deutsche in der New York Times keck dem englischen Sprachwortschatz vorschlägt, doch bitte das bedeutsame Wort »Zeitgenosse« aufzunehmen und »contemporary« zu vergessen.
Veröffentlichung der Sammlung neuerfundener Komposita Ben Schotts (inkl. »Frohsinnsfaschismus«). Der Wunsch des Rezensenten in der Presse nach einer »Normalsprachgebrauchsübernahme« einiger Wörter Schotts.

Untersucht auch jemand die schleichende Verkompositierung im (muttersprachlichen) Englischen? Die US-Amerikaner z.B. haben längst das Wörtchen »of« fallengelassen und sprechen und schreiben ohne jeden deutschen Kompositumsneuerfindungsstolz Komposita. Sie denken, sprechen und hören Komposita in, behaupte ich, der gleichen Art wie muttersprachlich deutsch Sprechende; nur schreiben sie sie als getrennte Wörter auf. Der Unterschied, der aus deutschen Komposita langsam einen Fetisch werden lässt.
James Dimon, der Chef der Bank JP Morgan Chase, kann in einer Nachricht an eine Kollegin locker mit einem Kompositum einen Sachverhalt beschreiben und gleichzeitig auf ihn verweisen, während ein deutscher Großbankchef (sofern ein solcher überhaupt noch auf Deutsch korrespondiert) wohl kaum – vor lauter Scheu? Hochachtung? vor Komposita – ein Kompositum einsetzen würde. (Stimmt das?)
Dimons E-Mail:
“Ok. send me some info. Also how does it relat (sic) or not to our wind down credit exotics book?”

In meiner Kindheit haben die Leute um mich herum immer Adventsonntag und Adventkalender gesagt, nie das s eingeschoben. In den letzten Jahren habe ich viele Leute getroffen, die Adventskalender sagen. Mich überkam jedesmal ein Schauder der Fremdheit.

Heute ist der 1. Adventsonntag. Ich habe Kollegen vom Flughafen in Shanghai abgeholt. Die nächsten Tage werden wie die vorangegangenen sein: beschäftigungsvoll. Ich wünsche mir mehr Beschäftigungslosigkeitsstunden.