26.06.2012

Verpflichtende Nierenkrawatten

In Schuhgeschäften, wo sie sich besonders oft nach unten beugen, sollen Frauen Nierenkrawatten tragen: ein Stück Stoff, das die zum Vorschein kommende Haut über dem Gesäß bedeckt.
Bei Frauen der unteren Klasse wird einem so der Anblick des Arschgeweihs erspart. Bei fetten Frauen bleibt einem Schweißgeruch erspart. Und bei schönen Frauen muss man sich nicht ärgern, dass man momentan nicht Sex mit ihnen haben kann. Wenn man momentan keinen Sex mit ihnen haben kann.
Man soll Nierenkrawatten den Frauen anlegen, wenn sie das Geschäft betreten, so wie einst schlampig gekleidete Männer in bestimmten Restaurants einen Schlips verordnet bekamen.

21.06.2012

Der unendliche Abend

Das Sonnenglühen hängt hinter dem Westbahnhof. Das Licht wird heller. Kehrt die Sonne um?

14.06.2012

11.06.2012

Die Uhrzeit. sponsored by

DDMG medienwappler

(beitrag folgt, bin unterwegs, die wischtexttechnologie erlaubt noch nicht so ein schnelles schreiben wie ich es brauche)

06.06.2012

McSautrog

In den letzten zwei Wochen habe ich drei McFlurrys in drei verschiedenen Mecchis bestellt. Kein einziges Mal wurde er gedreht. Heute überwand ich mich und ließ den Becher mit den reingeworfenen Rohzutaten stehen – »bitte drehen!« Worauf der Kellner mich verspottete. »Ich kann ganz weich machen, mit Milch!«, wie ein verdutzter Bauer, der von der Gourmet-Sau daran erinnert wird, er möge den Trog recht appetitlich befüllen.
Unterschied: das Wesen des McFlurry ist das Drehen, Maschine Löffel und Becher wurden eigens zu diesem Zweck entwickelt. Daher blieb ich störrisch. »Bitte drehen!« – störrisch wie der Attentäter in meiner wunderbaren Kurzgeschichte »Steuern runter!«

05.06.2012

Blur predigen, Oasis hören

Peinlich, mir geht gerade die refrainmelodie von „stand by me“ nicht aus dem kopf, dabei kann ich die musik und die band nicht gut leiden.

04.06.2012

Urban stretch, rural relief

Voriges Jahr habe ich aus Spaß einen jener möchtegern-tiefsinnigen Werbetexte geschrieben, die einem Industrieerzeugnis Sinn und einen geschichtlichen Ursprung verleihen sollen. Es geht um die neue Produktreihe eines Unternehmen, das Garne herstellt.

Although by no means a metropolis, Weimar acquired all the structural features of a modern city when Goethe served there as minister for the dukedom. He experienced power struggle, deficits, and urban development. Striving for time to write, like Kafka would be 100 years afterwords, Goethe decided to resign. After ten years of hard work as secretary for infrastructure and defence, taking his what would nowadays be called »genius hour« (or, at Google, plain »free time«) was not enough. He fled to Italy and spent two years there. He now could enjoy in space what had entertained him, in the form of an education in Latin and Greek, since the age of 6. He equipped himself with impressions, feelings and knowledge that would serve him as a life time storage for the works to come – among them the staple of world literature, »Faust«. As an old man, he still wished to continue his work, and be reborn into a new body. Goethe's journey through Italy is one of the most prolific time-outs in history.

As Hans Magnus Enzensberger, a writer, once described the German-speaking chattering classes, »Goethe is everybody’s grocery store, everybody can take out of him what is pleasant for the moment.« We too are taking his as a ready-made functional tale.
But we see in Goethes life and experiences so much forebodings of ours, we must admit we cannot ignore him. With his proclamation of »how happy he is that he is away« in his bestseller »Werther’s Sorrows« and his description of the everlasting human efforts to expand our world into space in his posthumous »Faust II«, he reminds us that human life unalterably consists of expansion and shrinking, of industrious caring for things and of carelessly, even recklessly escaping them.
We at *** call these forms »urban stretch« and »rural relief«. We created two new types of yarns for these occasions. We aim to contribute to the best fabrics for people, who by being human must go from »stretch to relief, and from relief to stretch«, or, in Goethes terms obviously, from heaven through earth to hell, and then back upward to heaven.
Like Goethe, who cherished his best suits all the time, anybody wearing fabrics of *** yarns will like them for being a reliant, always functioning, always pleasing mate.

03.06.2012

Die optimale Tweetlänge

beträgt für mich 287 Zeichen. (Ich zählte in Roland Barthes' »Begebenheiten« die Zeichenanzahl der zwei kürzesten und längsten sowie zweier medianisch wirkender Notizen und ermittelte den Durchschnitt. Eine deutlich überlange Notiz blieb unberücksichtigt.)
(Jemand soll Barthes als den Vorläufer und als den Theoretiker des Tweetens würdigen.)
(Und man soll ein Twitter für Typen wie mich programmieren, die glauben, auf 287 Zeichen wären ihre Tweets viel besser.)

Bald Frauendiktatur

Die Beamtenministerin verkündete vergangene Woche mit »mächtigem Stolz«, dass leitende Stellen der österreichischen Beamtenschaft bereits zu einem erklecklichen Prozentsatz von Frauen besetzt werden, die genaue Zahl kann man gugeln. In der »Privatwirtschaft« sei von so einem Erfolg noch nichts zu sehen.
Der tschechische Kollege vom Verkäuferteam war gerade zu uns in die Werkstatt gekommen, lauschte ebenfalls den Nachrichten, und tröstete mit den halb lakonisch, halb aufbrausend geäußerten Worten: »Bald Frauendiktatur.«

Als nächstes trug der Radiomoderator die Meldung vor, der mutmaßliche Vergewaltiger Julian Assange werde von der Justiz Großbritanniens an Schweden ausgeliefert, wo zwei Schwedinnen den berühmten Verpfeifer von Amtsgeheimnissen schwerer sexueller Übergriffe gezeiht hatten.
Meinem tschechischen Kollegen war das immer noch dasselbe Thema, alles hängt mit allem zusammen, er fing an, in seinem gut gelernten Deutsch zu erzählen:
»Als ich nach Österreich gekommen bin, habe ich mich gewundert, was alles do ist Sexualmissbrauch. Wenn du einer Frau sagst, du hast schöne Beine, ist schon Sexualmissbrauch.«

François Bovary

Als Person ähnelt François Hollande dem faden Hahnrei Charles Bovary. Aber das kann einem ja egal sein. Für Frankreich, Europa und die Welt zählt sein politisches Vorhaben, die Zeit des harten Sparens zu beenden.
Dieses Vorhaben vergleicht der Spectator mit Emma Bovarys Sehnsucht nach Luxus. So wie Emma immer neue Schulden aufnehme, um ihre Träume zu verwirklichen und eine feine Dame spielen zu können, und am Ende sich umbringt, laufe Hollande Gefahr, sein Land (und Europa) gegen die Wand zu fahren.
Hier gehts zum Artikel, allerdings steht eine Mautstelle (paywall) im Weg.
Genauso wie vor dieser herrlichen Meinung aus der aktuellen Sonderausgabe zum Diamantjubiläum der Königin: der Mensch funktioniere nun einmal nach Binärschemata (da kann noch so viel dekonstruiert werden), möge seine Ideale fallenlassen, und Europa neu aufteilen, zum Beispiel in Länder die englischsprachige Filme synchronisieren und welche die ihrem Volk die Originalfassungen vorsetzen und so zur guten und erfolgreicheren Gemeinschaft der Englischsprecher gehören.


Nachtrag vom 5.VI.2012:
Lies über Leopold Kohr.