Ein interessanter Beitrag für eine Sammlung phänomenologischer Befunde zum Silikonzeitalter. Hans Ulrich Gumbrecht hat neulich geschrieben, dieses zeichne sich durch ein körperloses Denken aus, das rein spirituell bestehe und beliebig abrufbar ist, anstatt an die Zeiten von Körpern und Räumen gebunden zu sein und, füge ich spekulierend hinzu, sich auf einmal, unerwartet, irgendwo (an einem »wirklichen« Ort), rein aus einem Hirn heraus statt zusammenkuratiert, entfalten könnte.
Man muss sich nicht mehr ausdrücken. Was man während eines Knopfdrucks denkt, bleibt im Hirn des Zustimmers verborgen; der Vorgang der Überlegung wird nicht beschrieben; es gibt keine verschiedene Ausdrucksarten mehr – wie z.B. »eine flammende Rede für...«, »ein nüchternes Plädoyer...«, »ein arger Verriss«. Alles Meinen ist auf sein Urteil reduziert, auf positiv oder negativ.
Obiger Artikel verweist auf nichts anderes als die Möglichkeit, dass uns hier vielleicht Einiges aus dem Zwischendrin verlorengeht, das doch auch ganz interessant oder wichtig sein könnte.
Denn zwischen Ja und Nein gibt es keine Ausdrucksvielfalt. Das + und der erhobene Daumen, das erigierte Glied in einem sozialen Netzwerk von Swingern (wäre ja möglich): alles nur »Ja«, alles nur die Endergebnisse gedanklicher Prozesse, ohne Verkörperung der Herleitung. Visualisierte Systemtheorie.
Der »Blitz« Heraklits ereignet sich nicht, Alles bleibt bits. Vielleicht singt deshalb Andreas Spechtl: »Diese Welt ist eine schrecklich dunkle Welt.«
Man muss halt wie immer die Betrachtung ändern, und schon werden Blitze sichtbar. Kathrin Passig hat neulich sehr lehrreich beschrieben, worauf es ankommt, damit in den Kommentarbereichen von Websites Denken passieren kann: Organisation, Moderation, Erziehung.