Zum neuen Album der Band Franz Ferdinand, Always
Ascending, meinte Thomas Kramar in der Presse, diese Gitarrenmusik könne nur
mehr so und nie mehr wirklich neu klingen. Ich finde, sie könnte etwas mehr
Mühe aufbringen, Musikkritikern auszutricksen und etwas innovativer zu klingen
und die Illusion einer innovativen Gitarrenmusik aufrechtzuerhalten.
1. Die abgedroschenen Versatzstücke weglassen. Die muss
man wie Küchenabfall behandeln, einzig auf dem Kompost haben diese typischen
Rhythmen und Gitarrensolomanierismen noch einen Zweck. Also ab in die Creative
Commons als Materila für Werbung, TV-Beiträge usf.
2. Aber durchaus aus dem Schnöden die guten Momente lösen
und als Sekundenstücke herausgeben.
3. Andere Grundelemente mehr über das Album
ausbreiten: das stumpfe Schlagzeug öfter oder immer einsetzen. Das Saxophon
öfter.
4. Weglassen – und doch mehr Material her! Maximo Park
ist da großzügig, indem sie unserer Welt Coverlieder schenkt. Radiohead ist ebenfalls
eine sehr befriedigene Coverband, Thom York als Interpret im Nachahmen
berühmter Rockstimmen hat da schon eine Interpretationstradition begründet.
Erschöpfende Liste meiner Kommentare und
Produktionsvorschläge zu den den einzelnen Songs:
1. Always Ascending: super Anfang, David Bowie Klang.
Statt der Gitarre beim Vor-Refrain vielleicht schon das Saxophon her? Choral
super. Gitarre beim Hauptrefrain gut, beim Nachrefrain nervig, Nachrefrain
überhaupt weglassen. Die Variation am Ende ist super! Mir fällt dazu ein:
Raindrops and Sunshowers von den Smashing Pumpkins!! Schlagzeugschema ersetzen
durch den Rhythmus aus dem Lied [].
2. Lazy Boy: super: verträgt aber noch mehr
Radiohead-Gegenpercussion. Gitarrensolo weglassen. Vielleicht überhaupt erst
beim Refrain die Gitarre einsetzen lassen. Solo nach Refrain weglassen.
3. Paper Cages: Saxophon/Gitarre/Schlagzeug siehe
obige Vorschläge. Dazumischen: Klang von ca. 13 cm langen Steinen, die
aufeinander geschlagen werden. Hat McCarthy vielleicht damals aus dem Bach
welche mitgenommen. Letzten Refrain weg, viel zu redundant.
Wir erinnern uns an den Paratext zum zweiten Album You
Could Have it So Much Better: dass die Band, und zwar nicht nach dem
Strophe-Refrain-Schema, Songs entwickeln
wollte. Das Prinzip kommt in diesem Album nicht zur Entfaltung, das Einstreuen
der sehr bandtypischen Gitarrensoli (Kramar: „…“) wirkt unmotiviert. Paper
Cages wäre von solcher Altlast befreit zwar kein Spitzensong, aber wenigstens kurz
und knackig.
4. Finally: solider Song.
5. The Academy Award: solides Franz Ferdinand Stück
der Walk Away-Art, gefällt mir, weiß nicht, weshalb ich gerade dieses nicht
weglassen würde aber den Gitarrengezupfrock schon. Übrigens der einzige Text
den ich erwähnenswert finde, sonst sind mir die Texte eher egal bzw. wird in
den Musikjournalen eh immer zu viel darüber geschrieben (auch Kramar).
6. Lois Lane: super, vor allem das Einsetzen des
Basses und die Entwicklung des Refrains (die zweite Stimme beim dritten
Einsetzen des Refrains).
7. Huck and Jim: der breite Stromsound zumindest am
Anfang gut. Das aufbauende Thema vor dem Refrain spannend und frisch.
8. Glimpse of Love: Gut dass sie in Minute zwei einen
anderen Schlagzeugrhythmus finden: sollten sie unbedingt anderswo einsetzen.
Alles andere auf den Kompost.
9. Feel the Love
Go: auch schwach. Sekundenstück ab 2:14 herausfiletieren. Hier kommt eben das
Saxophon vor, das in den anderen Liedern öfters begleiten und Akzente setzen
sollte. Faaad. So wie Jenji Kohan Staffel V von Orange Is the New Black als fan
fiction kritisierte, ist dieses Lied eine schlechte fan music.
10. Slow Don’t…:
Hier kommt eben das wunderbare abgehängte Schlagzeug vor, das sie für andere
Lieder dieses Albums hoffentlich zumindest probiert und hoffentlich mit gutem Grund
nicht öfter verwendeten. Refrain gut. Zweiter Refrain … Steigerung zu Muse!!
Super. Steigerung des Refrains: Fortsteigerung der Museigkeit! Dann kommt
dieses Fiepsen … erinnert mich ans Adore-Album der Smashing Pumpkins. Dann
setzt eine Gitarre à la The Edge im Outro ein: das ist dieser wiederkehrende
Joshua Tree Sound, der uns Ende der 1990er versprochen wurde! Sehr
interessantes Lied, das eine weitere, bereits angedeutete Möglichkeit der von
Kramar totgesagten Gitarrenmusik darstellt: Musikamt, Tradition,
Interpretation, Zusammenspiel bekannter Sounds.