Das Gerede von der »komplett anderen Welt«, die China sei, verstellt einem die Sicht auf die komplett anderen Welten innerhalb unserer, westlichen, Welt. Karl Heinz Bohrer zieht in diesem Gespräch mit Nachdruck die Grenzen zwischen deutscher, französischer und englischsprachiger Welt.
Einige Hongkonger weisen eine Festlandchinesin zurecht, die in der Ubahn frisst. Darauf wird in einer Umfrage festgehalten, dass (nur) 34% der Hongkonger sich Chinesen dünken; darauf lässt ein Nachfahre von Konfuzius, Herr Kong Qingdong, den weisen Spruch los, die Hongkonger seien »Hunde, keine Menschen«.
Zivilisationsübergreifend: die Stärke Bohrers und Hongkongs; die Dummheit chinesischer Hongkongtouristen und Philosophenerben.
1. Bohrer wetterte jahrzehntelang gegen den Akt des Essens in öffentlichen Räumen (siehe z.B. Stil oder maniera? oder dieses geile Geruchsgespräch.) Als er anlässlich seines Rückzugs als Herausgeber der Zeitschrift Merkur im Radio interviewt wurde – siehe Link oben –, kam das Gespräch wieder auf dieses Thema, und er verkündete ohne eine Spur des Überdrusses seinen Ekel vor »Törtchen« und Bahnhöfen, die zum »Fressen« verleiten.
2. Ein Volk, das sich als Gemeinschaft von »Menschen« sieht und seine Nachbarn als Ansammlung von »Unmenschen«, »Hunden« oder dergleichen, ist auf dem Weg zum Krieg – so in etwa die Meinung Richard Rortys in einer seiner pragmatisch-ethischen Abhandlungen. Weil das erlaube, jeden umzulegen, der einem partout nicht als Mensch vorkommen will. Es sei besser, wenn man sich selbst und die andern als leidende Kreaturen beschreibe. Denn leiden tun wir alle.
23.01.2012
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